BLOG: 30.03.2022

Wie es sich im Metaverse lebt und arbeitet

Neue Orte zum Arbeiten

Facebook heißt jetzt „Meta“ und alles redet vom Metaversum. Unternehmen springen auf den Zug auf und wollen in der neuen digitalen Welt vertreten sein. Sitzen im Büro der Zukunft Avatare gemeinsam am Konferenztisch?

Metaverse. Und plötzlich war der Begriff da, kam scheinbar aus dem Nichts, war aber gleich begleitet vom üblichen Raunen über das „nächste große Ding.“ Alles begann mit dem Science-Fiction-Autor Neal Stephenson, in dessen Roman „Snow Crash“ ein „Metaversum“ auftaucht. Das Buch erschien bereits 1992, und es dauerte ein paar Jahre, bis es sich zum Kultbuch einer ganz besonderen Community entwickelte: den Milliardären im Silicon Valley. Und die erträumen sich seitdem ein neues „Second Life“, welches die 2003 von Linden Lab Gründer Philip Rosedale erfundene virtuelle Welt, in der Menschen durch Avatare interagierten, durch viel mehr Rechenpower und Grafikleistung in den Schatten stellen soll.

 

Erweiterung der Realität

Das neue Metaversum (englisch metaverse) soll nicht nur ein kollektiver virtueller Raum sein, sondern eine virtuelle Erweiterung unserer physischen Realität, in der gelebt, gelernt, gefeiert und gearbeitet wird. Das neue Internet? Facebook-CEO Mark Zuckerberg ist jedenfalls davon absolut überzeugt. Und zwar so sehr, dass er den Namen seines Unternehmens von Facebook in Meta Platforms änderte. Zum Konzern gehört bereits Oculus, einer der führenden Hersteller von 3D-Brillen.

 

Neue Horizonte

Ein gewissen Vorgeschmack auf das Metaversum bietet „Horizon“, eine Welt, die Besitzer der neuen Oculus-3D-Brille betreten dürfen. Inzwischen tänzeln über 300.000 User dort als Avatare umher und agieren miteinander, oder bauen sich ihre ganz eine eigene Welt innerhalb der neuen digitalen Umgebung auf. Bislang ist Horizon nicht viel mehr als ein VR-Spielplatz, der eher an das pixelige Sandbox-Game „Minecraft“ denn an Computerspiele der neuesten Generation mit fotorealistischer Grafikleistung erinnert. Der Sinn dahinter ist aber wohl, dass sich User das Metaverse spielerisch erschließen sollen. Wie Kinder, die sich ihre neue Welt ja auch durch Spielen erobern.

 

Starker Zuwachs bei VR-Brillen

Ein Kinderspiel ist das Metaverse aber nicht, wie die Zahlen belegen. Den Marktforschern von TrendForce zufolge wurden 2020 knapp über 5 Millionen AR/VR-Geräte ausgeliefert, im Jahr 2021 dagegen schon 9,86 Millionen. Für 2022 wird ein Zuwachs von etwa 44 Prozent erwartet - ohne die Probleme mit den globalen Lieferketten und dem Chipmangel würde wohl eine weitere Verdopplung anstehen.

 

Microsoft will mitspielen

Eine virtuelle Welt als Abbild der echten - diese Vorstellung elektrisiert viele Unternehmen. Epic Games, das mit „Fortnite“ eines der erfolgreichsten Computerspiele aller Zeiten erfunden hat, will eine Milliarde US-Dollar ins Metaversum investieren. Microsoft-Chef Satya Nadella will ein „Enterprise-Metaverse“ bauen, und als Eigentümer von Minecraft hat sich das Unternehmen längst auf gewisse Weise ein eigenes Metaversum geschaffen. Pläne in diese Richtung soll es auch bei Apple geben. Ein gewisser Ausblick, was das Metaversum sein wird, gibt der Risikokapitalist Matthew Ball in einem 2020 veröffentlichten Essay. Demnach ist es eine Welt, in der alle Geschehnisse live und in Echtzeit ablaufen, auch wenn es zeitliche begrenzte Events gibt.

 

Geld verdienen im Metaverse

So sind etwa Events, Konferenzen und auch virtuelle Messen zu Themen aller Art vorstellbar, bei denen Besucher die virtuellen Stände der Aussteller besuchen. Unternehmer werden aufhorchen, weil das Metaverse sein eigenes Wirtschaftsystem haben wird. Firmen können darin investieren, kaufen und verkaufen. Individuen wiederum können arbeiten und innerhalb des Metaverse für eine Tätigkeit bezahlt werden. Ein Vorgeschmack auf begehrte Handelswaren im zukünftigen Metaversum geben Computerspiele, bei denen Teilnehmer für bestimmte Ausstattungsmerkmale wie Waffen oder Gewänder bereits echtes Geld bezahlen. Zu verlockend erscheint die Vorstellung, damit vor anderen Spielern angeben zu können.

 

Wie gehandelt wird

Der Handel in der Welt des Metaversums könnte mit NFTs ablaufen. NFT ist die Abkürzung für Non-Fungible Token, zu Deutsch: nicht austauschbare Wertmarke. Diese wiederum ist die digitalisierte Form eines Vermögenswertes, sie hat also einen gewissen Wert oder eine bestimmte Funktion. Wenn echte Vermögenswerte wie Immobilien oder Musikrechte „tokenisiert“ werden, gehen die damit verbundenen Rechte und Pflichten auf den Token über. Die Besitzverhältnisse sind also digital abgebildet und der Token wird handelbar.

 

Die Konferenz der Zukunft

Geschäfte zu machen, erfordert einen intensiven Austausch, und der findet in Zeiten der Pandemie oft durch Videokonferenzen statt. Irgendjemand ist ja immer im Homeoffice oder im Außendienst, und wird dann mit Teams, Google Meet, Skype Business zu den im Büro befindlichen Kollegen zugeschaltet. Im Metaversum sitzen dagegen alle Kollegen an einem Tisch, besser gesagt, ihre Avatare. „Horizon Workrooms“ nennt Meta Platforms das.

 

2D ist uncool

Ob die soziale Nähe der Abbilder auch das Zusammengehörigkeitsgefühl im Büro fördert, ist noch unklar. Die Teilnehmer können jedenfalls den Bildschirm ihrer Desktops in den Workroom streamen oder für alle sichtbar ein Whiteboard bedienen. Via Tastatur können auch Texte ins Metaverse übertragen werden. Keine VR-Brille zu besitzen, dürfte dann im Kollegenkreis als uncool empfunden werden. Ganz ausgeschlossen wird man aber nicht, sondern kann sich auch mit einem 2D-Videostream ins Meeting einklinken. Das ist dann ungefähr so sexy, wie in eine Videokonferenz hereinzutelefonieren.

 

Konferenz am Strand

Die virtuellen Konferenzen können in einer klassischen Büroumgebung, aber auch auf einem Berggipfel, in einem Tempel oder am Strand stattfinden - bei der Wahl des Hintergrunds lässt das Metaversum theoretisch keine Fantasie offen. Unternehmen können die Räume also nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten, inklusive Firmenlogos oder anderen Corporate-Identity-Gimmicks. Neuerdings ist auch ein Rednerpult dabei, an dem auch unsichere Redner als Avatar mit vollendeter Gestik glänzen können.

 

Wer das Metaverse baut

In den nächsten Jahren soll dies alles noch erweitert und ausgebaut werden. Auch wenn Meta Platforms sich bereits den passenden Namen zugelegt hat, ist wohl ein anderes Unternehmen noch entscheidender für den Erfolg der neuen, digitalen Welt: Nvidia. Die Kalifornier gelten mit ihren schnellen Chips als eine der besten Wetten auf das Metaverse.

 

Omniverse statt Metaverse

Als Hersteller von Grafikkarten, die in Videospielen, Rechenzentren und beim Mining von Kryptowährungen zum Einsatz kommen, ist Nvidia für die nach enormen Grafikrechenleistungen gierenden virtuellen Welten bestens aufgestellt. CEO Jensen Huang hat jüngst selbst zugegeben, dass er auf die Metaverse-Revolution setzt. Allerdings heißt das bei ihm „Omniverse“, denn unter diesem Namen firmiert Nvidias Softwareplattform für Entwickler, die an 3D-Simulationen und der Erstellung virtueller Welten tüfteln.

 

Gaming-Plattform mit Potenzial

Nvidia und Microsoft sind Giganten mit einer Marktkapitalisierung an der Schwelle von einer Billion US-Dollar beziehungsweise darüber. Aber auch kleinere Unternehmen wie Roblox spielen beim Metaverse mit. Die Gaming-Plattform hat durchaus Züge eines kleinen Metaversums. Nutzer können auf ihr Online-Games programmieren und die Spiele anderer Nutzer spielen, dafür nutzt Roblox die Programmiersprache Lua. Wer sein fertig programmiertes Spiel der Community zum Spielen freigibt, erhält dafür Geld – und Roblox verdient durch Provisionen mit. Andere Unternehmen, die im Zusammenhang mit dem Metaversum noch genannt werden sind Unity Software, Autodesk, Sea Ltd., Amazon.com, Tencent, Immersion und - sozusagen der gefühlte Opa des Metaverse: Walt Disney.