BLOG: 25.05.2022

Es hängt nicht am Geld allein, auch ein Bonus, der muss sein

Entlohnungssysteme

Willkommen in der schönen neuen Welt der Zusatzleistungen. Ohne Weiterbildung, Yoga- und Malkurse, Fitnessstudio, Kinderbetreuung, Mitarbeiterrabatte und betrieblicher Altersvorsorge geht bei den viel zitierten jungen Talenten nichts mehr. Unternehmer müssen sich heute viel einfallen lassen.

Nie waren die Rufe nach höheren Löhnen in der Gesellschaft lauter. Ein Grund dafür ist die galoppierende Inflation, die im April zum Teil die 8-Prozent-Marke überschritten hat. Auf den ersten Blick scheint die Rechnung klar: wer an der Supermarktkasse mehr für Lebensmittel und Getränke berappen muss, braucht auch beim Gehalt ein Plus. Zwar hat die Politik mit dem Tank-Rabatt und dem 9-Euro-Ticket ein paar Goodies im Programm, aber die können niemals eine Dimension erreichen, die ein deutliches Plus bei Lohn oder Gehalt mit sich bringt. Aber längst schauen vor allem jüngere Jobsuchende nicht mehr nur aufs Geld. Ein schöner Job mit fairer Bezahlung gilt ihnen als Standard, und die Spreu trennt sich bei den Zusatzleistungen vom Weizen, die als wichtige und attraktive Ergänzung zum normalen Gehalt gelten.

 

Klotzen statt Kleckern

Da viele Unternehmen heute um rare Talente kämpfen und diese einmal gewonnen auch binden wollen, kommt den Zusatzleistungen eine besonders große Rolle zu. Umfragen unter Jobsuchenden beweisen, wie wichtig diese sind. Für manche Bewerber geben sie den Ausschlag, vielleicht sogar ein geringes Gehalt zu akzeptieren, wenn die Zusatzleistungen besonders attraktiv sind. Klar ist, dass sie wichtig für das Employer Branding sind. Wer sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, qualifizierte Fachkräfte und junge Talente anlocken will, sollte hier lieber klotzen anstatt zu kleckern. Um Young Professionals und Top-Performer ins Team zu holen, sind zusätzliche Anreize offenbar nötig. Die Strategien dazu grenzen gelegentlich ans Absurde. Aber dazu später.

 

Die Krux mit den Geldwerten Vorteilen

Aber was sind Zusatzleistungen? Damit sind unterschiedliche monetäre oder nicht-monetäre Leistungen gemeint, die vom Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt erbracht werden: Rabatte, technische Geräte oder gute Arbeitsbedingungen. Benefits, Lohnnebenleistungen oder Sachleistungen meinen dasselbe. Anders sieht es bei den „geldwerten Vorteilen“ aus, die nicht in bar ausgezahlt werden, aber eine Verbesserung für den Mitarbeiter bedeuten. Zusatzleistungen dagegen können monetär sein, etwa eine regelmäßige Bonuszahlung durch das Unternehmen. Der Klassiker und nach wie vor sehr beliebt: der Dienstwagen. Er wird für berufliche Fahrten wie Kundentermine genutzt, kann oft aber auch privat verwendet werden. Das ist dann genau der Anteil, den ein Mitarbeiter als geldwerten Vorteil versteuern muss. Einige Unternehmen zahlen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz einen Fahrtkostenzuschuss, durch den sich zwar die Werbungskosten verringern, der sich aber bei längeren Strecken fast immer lohnt. Eine nette Alternative zum Dienstwagen ist das Firmenfahrrad. Es ist zu 100 Prozent privat nutzbar, ohne dass die Nutzung zusätzlich versteuert werden muss.

 

Gut sichtbarer Kühlschrank

Nicht nur das Firmenrad und der Firmenwagen machen mobil - manche Unternehmen spendieren ihren Mitarbeitern Jobtickets, eine Bahncard oder erstatten zumindest einen Teil der Kosten dafür. Ein besonders in der Startup-und Agenturszene beliebtes Goodie ist der täglich frisch gefüllte Kühlschrank im Büro, an dem Jobkandidaten quasi zwanghaft vorbei geführt werden. Manchmal steht so ein Kühlschrank überflüssiger Weise in der Lobby statt in den eigentlichen Arbeitsräumen, damit er bloß gesehen wird. Aber genug gelästert. Studien beweisen, dass frisches, gesundes Essen und allzeit bereitstehende Getränke als Bonus am Arbeitsplatz großen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben. Es ist nicht nur bequem, sondern spart auch viel Geld. Wer bei ungefähr 22 Arbeitstagen im Monat jeden Tag zehn Euro für Essen und Trinken ausgibt, reduziert sein Gehalt um immerhin 220 Euro.

 

Beliebte Zusatzleistungen

Ein moderner Goldie-Klassiker sind Smartphones oder Laptops. Werden sie vom Arbeitgeber angeschafft und bleiben in dessen Eigentum, darf er sie dem Mitarbeiter kosten- und steuerfrei überlassen und dieser kann die Geräte dann auch komplett privat nutzen - das spart nicht nur Kosten, sondern steigert auch die Bindung ans Unternehmen, weil die Geräte am Ende des Arbeitsvertrags zurückgegeben werden müssen. Einer mindestens ebenso großen Beliebtheit erfreuen sich die berühmt-berechtigen flexiblen Arbeitszeiten. So mancher hat sich in Corona-Zeiten daran gewöhnt, einen Teil der Arbeitszeit im Home Office zu arbeiten. Eine von strengen Vorgaben befreite, individuellere Gestaltung der Arbeit wünschen sich heute viele. Last but not least hier weitere beliebte Zusatzleistungen: Weiterbildung, Gitarren- und Malkurse, Fitnessstudio, Kinderbetreuung, Mitarbeiterrabatte und Betriebliche Altersvorsorge.

 

Das Restaurant-Prinzip

Manche Unternehmen bieten einen bunten Bonus-Strauß an, andere sind cleverer und setzen auf Individualität. Denn wer könnte besser entscheiden, welche Zusatzleistungen am besten auf ihn passen als der Mitarbeiter selbst? Besonders größere Konzerne bieten heute quasi Zusatzleisten als Menü an. Es gibt Dreigänge-Menüs mit großen Portionen und auch Siebengänge-Menüs, bei denen die Gerichte kleiner sind. Was er bestellt, entscheidet der Mitarbeiter selbst. Sozusagen das Restaurant-Prinzip. Denn in einem guten Lokal kümmert man sich individuell um die Gäste, und das Essen muss frisch und gesund sein.

 

Volle Kreditkarte

An kranken Mitarbeitern ist keinem Unternehmen gelegen. Insofern sind die überall anzutreffenden Angebote zur Betrieblichen Gesundheitsförderung durchaus im beiderseitigen Interesse. Besonders große Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern eigene Betriebsärzte, Massagen und Sportangebote, manche sogar einen Raucherentwöhnungskurs. Betriebliche Gesundheitspräventionsmaßnahmen oder Sport mit den Kollegen stärken Gesundheit, Arbeitsklima und die Produktivität. Obendrein fällt der monatlichen Beitrag für das Fitnessstudio flach. Da die USA das Land der Kreditkarten sind, gehören im Valley auch Prepaid-Kreditkarten zum guten Ton. Unternehmen können ihren Mitarbeitern eine mit einer bestimmten Geldsumme aufgeladene Kreditkarte zur Verfügung stellen, die der Arbeitnehmer dann für das einsetzen kann, was er möchte.

 

Google wäscht

Wer seinen Mitarbeitern etwas ganz besonderes bieten will, sollte sich im Silicon Valley umsehen. Der Technologie-Hotspot ist quasi das Mekka der ungewöhnlichen Zusatzangebote. Google in Mountain View etwa bietet einen hauseigenen Waschsalon sowie eine Erlebniswelt für die Mitarbeiter inklusive Spa- und Wellnessbereich, frei nutzbare Schwimmbäder und Massagen. Derlei Angebote richten sich vor allem an eine junge Klientel. Denn besonders diese würde auf einen Teil des Gehalts verzichten, um einige attraktive Benefits in Anspruch nehmen zu dürfen, wie eine Umfrage der Personal- und Managementberatung Kienbaum unter Personalverantwortlichen aus 100 Unternehmen nahelegt. Laut der Befragung lag für Arbeitnehmer die Verzichtsbereitschaft in der Schweiz mit 11,6 Prozent am höchsten, gefolgt von Deutschland mit 11,1 Prozent sowie Österreich mit 10,9 Prozent.

 

Coaching, nein Danke

Die Bereitschaft zum Verzicht steigt, desto jünger die Arbeitnehmer sind: Die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen wäre zu einem Verzicht von 13,4 Prozent bereit, bei den 30- bis 39-Jährigen liegt der Wert bei 11,1 Prozent und bei den Altersgruppen 40-49 sowie 50+ bei jeweils 10,5 Prozent. Ganz oben auf der Liste der Begehrlichkeiten lagen der Umfrage zufolge flexible Arbeitszeiten, Homeoffice oder betriebliche Altersvorsorge. Führungskräfte schätzten flexible Arbeitszeiten (91 Prozent), ein Firmen-Smartphone (83 Prozent) und einen flexiblen Arbeitsort (83 Prozent) als besonders erstrebenswert ein. Eher am Ende der Skala standen Fahrtkostenzuschüsse, ÖPNV, Firmenfahrräder oder E-Bikes sowie Coachings & Fortbildungen.

 

Unbeliebt: Sabbatical

Nur für jeden Zehnten gilt das Motto: Sabbaticals sind der neue Firmenwagen. Das Thema ist immer noch ein Tabu. Wenige trauen sich, danach zu fragen. Und viele haben Angst, danach „draußen“ zu sein. in der Tat schaut so mancher Vorgesetzte mit Argusaugen auf Mitarbeiter mit Sabbaticalwunsch. Verbirgt sich dahinter nicht ein kleiner Burnout? Ist das noch der richtige Job für ihn? In die heutige Zeit passen solche Bedenken nicht mehr. Aber eine Zeit lang überhaupt nicht arbeiten zu wollen, dem haftet in unserer Performance- und Leistungsgesellschaft immer noch ein Makel an.

 

21 Euro extra

Noch ein Tipp für Schlauberger-Unternehmen: Spendieren Sie ihrem Mitarbeiter einen Aufkleber mit dem Firmenlogo oder einem Werbespruch, den er oder sie sich aufs Auto pappen kann. Dafür können Sie dem Mitarbeiter 21 Euro jeden Monat auszahlen. Das ganze eignet sich auch als kleiner Loylitäts-Test. Sie wollen nicht das Logo ihres Unternehmens spazieren fahren? Sind Sie sich sicher, dass Sie noch am richtigen Platz sind? Scherz beiseite und Vorteile erklärt: Das Unternehmen muss diese Boni nicht versteuern und hat nur geringe Anschaffungskosten für die Aufkleber an der Backe.

 

Der beste Bonus

Geeignet sind Zusatzleistungen übrigens noch für etwas ganz anderes: Sie gelten als Indikator dafür, ob es dem Unternehmen gut geht. Denn jede Firma weiß, welcher Ärger blüht, wenn einmal eingeführte Wohltaten wieder zurückgenommen werden. Dementsprechend selten geschieht so etwas. Aber wenn doch, ist es ein Alarmzeichen. Werden Zuwendungen plötzlich eingestellt, liegt das meistens daran, dass eine Firma in der Krise steckt und Mitarbeiter entlassen muss. Dann ist es schnell vorbei mit Rückenbildungsgymnastik und Yoga-Kurs. Denn die einzig wahren Zusatzleistungen sind am Ende doch Wertschätzung und Respekt gegenüber den eigenen Mitarbeitern.