BLOG: 06.04.2023

Der Frühling zieht im Büro ein: was passiert, wenn alt auf jung trifft.

Umgang im Büro

Mit veränderten Lebensmodellen und Ansprüchen an die Arbeit sehen sich jung und alt konfrontiert, die nun wieder häufiger im Büro aufeinandertreffen. In den Führungsetagen munkelt man über eine düstere Zukunft: Steht die gute, alte Karriereleiter im Abstellraum, und ist der Aufstiegswille Vergangenheit?

Goldie Oldie

In Zeiten von Fach- und Arbeitskräftemangel werden ambitionierte ältere Mitarbeiter wieder interessant. Der Trend beruhigt nicht nur Personen ab 50, die in vielen Branchen um ihre Langlebigkeit in Unternehmen fürchten mussten. Studien in der Zielgruppe ab 60 Jahren haben gezeigt, dass sie die Arbeit anstelle des Ruhestands sogar bevorzugen; aber nur, wenn neben dem Job auch das Geld stimmt. Sie sind im Handel, in der Produktion und als wirtschaftliche, wissenschaftliche oder technische Dienstleister gut einsetzbar. Auch die Hotellerie und Gastronomie holt sie zurück in den Arbeitsmarkt. Die Erfahrungen beim Arbeiten mit älteren Personen sind gut  – auch wenn gerade junge Führungskräfte skeptisch sind "ob die neuen alten Mitarbeiter das schaffen".

 

Charme - ein Relikt der 20er Jahre

Für ältere Mitarbeiter kann es aber schwierig sein, das Interesse von jüngeren Kollegen im kommunikativen Austausch zu wecken. Schließlich fühlt sich auch alt noch jung und will nicht ignoriert werden. Da entstehen schnell heikle Situationen. Die Generationenlücke kann zu peinlichen Momenten und Missverständnissen führen. Da fliegt der Charme eines Mitte 50jährigen in Richtung seiner Mitte 20jährigen Kolleginnen, die aus Respekt dem älteren Kollegen gegenüber eine Zeit lang nur peinlich berührt lächeln. Ältere Kollegen schweigen. Die post-#metoo Generation schweigt aber nicht lange. Der Charmeur ist eine Figur des letzten Jahrhunderts. Der Kollege wird zweimal verwarnt und beim dritten Eclat aus dem Unternehmen geworfen. Einen Skandal kann sich heute kein Unternehmen erlauben.

 

Wenn ältere Männer ihre Macht- oder Autoritätsposition ausnutzen, um sich jüngeren Frauen zu nähern, ist das Image schnell kaputt und die Unternehmensbewertung schwer wieder in die Höhe zu kriegen. ‚Ungleiche Machtverteilung‘ und ‚unangenehme Arbeitsumgebung‘ lauten die Attribute dann im Firmen-(Un)-Zufriedenheits-Ranking. Wenn nicht rigoros gegen dieses Verhalten vorgegangen wird, werden sich junge Frauen weiterhin unter Druck gesetzt fühlen, auf die Annäherungsversuche einzugehen, um die gleichen Karrierechancen zu haben wie ihre männlichen Kollegen. Dann beginnt die Abwärtsspirale - junge Frauen werden in ihrem Beruf unterbewertet, weil ihre Fähigkeiten und Leistungen nicht anerkannt werden.

 

Selbstfürsorge als Burn-Out-Vorsorge

Was auf diese Geringwertschätzung folgen kann, ist  eine ‚innere Kündigung‘, bei der Menschen so unzufrieden sind, dass sie ihre Arbeitszeit nur mehr absitzen nicht zu verwechseln. Von Beamtenwitzen bekannt, rollte der Trend in den letzten Jahren durch alle Altersgruppen und Berufssparten. Nicht zu verwechseln mit ‚Quiet Quitting‘: Die Anhängerinnen und Anhänger der "stillen Kündigung" setzen hier auf eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben. Nach dem Motto: Mehr Zeit für Freunde & Familie und vor allem Vorteile für die psychische Gesundheit. Selbst jüngere Mitarbeiter fühlen sich schon nach wenigen Monaten im Arbeitsleben ausgebrannt oder befürchten ein Burn-out, sollte sich nichts an ihrem Joballtag ändern. Experten kritisieren, dass der Diskurs ein Vorwand sei, jene Arbeitnehmer zu dämonisieren, die sich nicht ‚umsonst zu Tode arbeiten wollen‘. Sie fordern faire Gehälter für Mehrarbeit. Quiet Quitting ist nichts verwerfliches, aber es zeigt sich:  Haltungen haben Konsequenzen, wie Arbeitgeber und Führungskräfte auf Verhalten von Mitarbeitern reagieren.

 

Auf Quiet Quitting folgt Quiet Firing

Wer sich nämlich nicht mehr auf der Liste fürs wöchentliche Jour-fixe wiederfindet und bei Projektbriefings nicht mehr im Email-Verteiler inkludiert wird, freut sich oft nicht über die Inbox-Flaute. Da tönt ein kurzes "Guten Morgen" statt dem üblichen persönlichen Plaudern an der Kaffeemaschine. Plötzlich gehört man nicht mehr so richtig dazu. Wer glaubt, dass das nur ältere Mitarbeiter trifft – mitnichten. Das passiert auch jungen Mitarbeitern der Generation Z, die schnell überfordert sind und nicht den Erwartungen des Management entsprechen. Das ‚links liegen lassen‘ entspricht nicht der übliche Kündigung mit Vertragsauflösung, sondern dem Stoppen jeglichen Investments in diese Person. Warum nicht gleich gekündigt wird, liegt oft am Arbeitskräftemangel, ganz nach dem Motto: Der oder die macht wenig, aber mehr, als gar niemanden zu haben. Manchmal wird auch das soziale Argument bedient: „Der Arme findet ja sonst nirgendwo einen Platz.“

 

Was wollen Junge anders als Alte?

Das häufigste Vorurteil älterer Kollegen lautet: „Die Jungen wollen nicht mehr arbeiten". Das stimmt nicht, antworten die jungen Mitarbeiter. Sie wollen einfach anders arbeiten: flexibler, sinnorientierter zum Beispiel. Sie fordern Mitsprache und Mitgestaltung von der Management-Ebene ein. Die Zeit ist vorbei, in der ältere Generationen jungen Menschen Karrierepläne vorschreiben. Junge arbeitswillige Menschen wollen sich ausprobieren und nicht streng linearen Karriereschienen folgen. Das kann ein Wechsel in ein Start-up sein und danach wieder zurück in den Konzern. Fehler machen heißt Innovationen zuzulassen und größer denken zu lernen.

 

Keine Lust auf den Chefsessel

Das Image des Chefs ist in den Köpfen der Jungen meist nahezu furchteinflößend. Fürsorger für ein ganzes Team sein, minutiös geplante Organisationsarbeit leisten, ständig erreichbar sein und kaum Freizeit für Hobbies zu haben, obendrein zerbröckelnde Familien. Nur die Arbeit steht im Fokus des Lebens, irgendwann folgt die Erschöpfung und das Burnout. Dieses Bild haben viele junge Menschen im Alter von 18 bis 34 Jahren über Führung, weil sie es bei den Eltern und in den Medien sehen.

 

Big Boss - passé

Auch die Angst, die kreativen Aspekte der Arbeit in einer Führungsrolle aufgeben zu müssen, hält viele junge Mitarbeiter vom Wunsch nach dem leitenden Job ab. Die meisten fordern einen radikalen Wandel der traditionellen Chef-Position. „Chefin in Teilzeit“, „eine Doppelspitze mit geteilter Verantwortung“ und „Teamleitung aus dem Homeoffice“ sind Führungsoptionen, die sich für viele Junge attraktiver anhören, als irgendeine Big-Boss-Position im Elfenbeinturm. Junge Menschen wollen sich lieber mit Freude und in ihren Aufgaben entfalten, als Managementaufgaben zu erledigen. Das müssen ältere Mitarbeiter und Führungskräfte respektieren lernen, damit es nicht zu Missverständnissen und Konflikten kommt.  

 

Fazit

Alle Generationen, die heute in der Arbeitswelt zu finden sind haben Ausbildungen, Wissen und Fähigkeiten - mehr denn je. Sie haben den Willen zu arbeiten und sich einzusetzen. Die Erwartungen der Generationen sind einfach unterschiedlich. Solange die Vorurteile zwischen den Generationen genährt werden und auch noch zunehmen, wird es schwierig, notwendige Veränderungen sicherzustellen. Es gilt aufeinander zuzugehen und gemeinsam Jobinhalte zu entwickeln - dann überwiegen die Chancen, die sich den unterschiedlichen Generationen in diesen turbulenten Zeiten bieten:

 

  • Reverse Mentoring: Ältere Mitarbeiter können von jüngeren Mitarbeitern lernen, indem sie sich von ihnen in Bezug auf die neuesten Technologien und Trends schulen lassen. Dies kann dazu beitragen, das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen zu fördern.
  • Gemeinsame Projekte: Jüngere und ältere Mitarbeiter können zusammenarbeiten, um Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Dies kann dazu beitragen, das gegenseitige Vertrauen und Verständnis zu stärken und die Teamarbeit zu fördern.
  • Team-Events: Regelmäßige Team-Events können das Zusammengehörigkeitsgefühl fördern und die Zusammenarbeit optimieren.
  • Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten: Wenn man sowohl jüngeren als auch älteren Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich über Branchentrends auf dem Laufenden zu halten, kann dies dazu beitragen, Wissenslücken zu schließen und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und Wachstums zu fördern.