BLOG: 06.07.2022

Projektbasiertes Lernen und Arbeiten

Ausbildung

Projektbasiertes Lernen und Arbeiten fordern kritisches Denken, den Willen zur Problemlösung, Zusammenarbeit und verschiedene Formen der Kommunikation, die oft als Fähigkeiten des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden.

Ich arbeite seit kurzem im Team einer innovativen Programmierschule, die sich 42 nennt. So lautet die Antwort auf alle Fragen im Kult- und IT-Nerdroman „Per Anhalter durch die Galaxis“. Noch ist er leer, der 42 Vienna Campus in Österreichs Bundeshauptstadt. In Deutschland gibt es 42 Campusse in Heilbronn, Wolfsburg und Berlin. Weltweit sind es inzwischen über 40 Standorte, die Lebensmittelpunkt für 15.000 Studierende geworden sind. Die Bewerber, die 18 Jahre alt sein müssen, sonst aber keine Programmier-Vorkenntnisse brauchen, werden zu KI-Spezialistinnen, Netzwerkexperten und Spieleentwicklerinnen ausgebildet. Oder vielmehr: Sie bilden sich selbst aus.

Befürworter des projektbasierten Lernens führen zahlreiche Vorteile an – darunter ein tieferes Verständnis für innovative und unkontionelle Konzepte, eine breitere Wissensbasis als es die traditionelle Pädagogik zu lehren vermag, eine verbesserte Kommunikation und zwischenmenschliche sowie soziale Fähigkeiten, verbesserte Führungsqualitäten, mehr Kreativität - alles in allem mehr Kompetenz-Förderung.

 

Zeit, Engagement und Frustrationstoleranz

Obwohl wir von innovativer Pädagogik sprechen, ist projektbasiertes Arbeiten nichts Revolutionäres. Das bieten Unternehmen, wie Google schon seit vielen Jahren an. Aber die Umsetzung, die braucht Mitarbeiter, die das wollen. Aber zurück zu 42: Die Schule stellt nur die Ausstattung, also Computerhardware, Infrastruktur und ein Intranet mit projektbasierten Aufgaben aus der Unternehmenspraxis zur Verfügung, die es als Student bei 42 zu bewältigen lernt. Die Ausbildung bei 42 verlangt den Studierenden viel Zeit, Engagement und Frustrationstoleranz ab. Dafür ist die gesamte Studienzeit kostenlos. Das war dem Gründer der Schule, dem Milliardär Xavier Niel immens wichtig, als er 42 2013 gründete: "Ich wollte eine Programmierschule gründen, die es auch sozial benachteiligten Schichten ermöglicht, eine kostenlose Ausbildung zu bekommen. Der Frontalunterricht funktioniert vor allem bei den jungen nicht mehr; was zählt sind Kommunikation und Kooperation."

 

Keine Kurse, keine Lehrenden, keine Theorie

Das ist das Prinzip von projektbasiertem Lernen. Menschen bringen sich in Gruppen Lerninhalte selbst bei. Bei 42 eben, wie man programmiert. Schritt für Schritt. Bei dieser Pädagogik geht man davon aus, dass Menschen Lust haben, vor schwierigen Aufgaben zu sitzen und sich zu überlegen: Wie löse ich das, ohne irgendeine Art von Hilfestellung?

 

Die Mitschüler prüfen den Code

Lösungen für Probleme oder komplexe Aufgabenstellungen zu finden erfordert Nachdenken. Und wenn man sich gegenseitig hilft. Theresa, Studentin bei 42 Paris, erklärt, dass man sich viel mit den anderen austauschen muss, weil man das meiste von den anderen lernt. Natürlich kann man auch viele Informationen im Internet finden, das ist dann die andere Quelle, die man verwendet, um Lösungen zu finden. Wenn das Programm geschrieben ist, kontrollieren andere Studierende das Ergebnis und lernen so voneinander. Die Kollegen schauen sich den Code an, gehen Punkt für Punkt eines Formulars durch und schauen, ob du alles gut gemacht hast und ob der Code funktioniert. Dann geht es an die nächste, meist schwierigere Aufgabe. Wie in einem Computerspiel: Level für Level.“

 

Lösungsorientiertes Lernen als Erfolgsprinzip

Wenn man von der neuen Arbeitswelt spricht, dann ist die Frage, welche Talente und Begabungen sind die, die man in Zukunft optimalerweise trainiert, damit man gut für die neue Arbeitswelt in der Zukunft gerüstet ist? Die Antwort lautet Lösungsbegabung. Wir leben in einer Daten- und Informationsgesellschaft und in dieser gibt es ständig neue Herausforderungen, die neue Lösungen erfordern. Viele Studierende an den 42-Schulen weltweit bekommen einen Job, noch bevor sie überhaupt zu Ende studiert haben. Das Studium mehr bringt als nur Fachkenntnisse. Man braucht viel Eigeninitiative, muss thematisch immer am neuesten Wissensstand sein.  Deshalb sind Absolventen dieser Ausbildung heiß begehrt. Obwohl viel verlangt wird, hat man viele Freiheiten. Auch damit umzugehen muss gelernt sein. Man kann zur Schule gehen, wann man möchte. Morgens oder Nachts, man kann sogar über Nacht bleiben, weil die Schule 24/7 geöffnet ist.

 

Das Verlockende am projektbasierten Arbeiten 

* Regelmäßige Weiterqualifizierung

Vielleicht kennen Sie das: Zu Beginn eines neuen Jobs ist die Lernkurve besonders hoch. Je länger man in einem Unternehmen beschäftigt ist, umso geringer wird sie. Projektarbeiter erleben den Anstieg der Lernkurve regelmäßig, denn mit jedem neuen Projekt lernen sie neue Soft und Hard Skills. Ihr Engagement in Projekten erfordert von ihnen eine hohe Verantwortungsbereitschaft und ausgeprägte Handlungskompetenzen. Daraus folgt eine persönliche Weiterentwicklung.

 

* Neue Herausforderungen

Wer projektbasiert arbeitet, findet sich stets in neuen Arbeitsumgebungen wieder und kann sich dort immer wieder aufs Neue beweisen. Für schnell gelangweilte Menschen ist Projektarbeit eine optimale Arbeitsweise.

 

* Möglichkeiten zur Orientierung

Projektbasiertes Arbeiten ermöglicht eine bessere Orientierung bei der Frage: Was ist mir bei der Arbeit wichtig? Welche Aufgaben sprechen mich am meisten an? Das lässt sich nur herausfinden, wenn man an verschiedenen Aufgaben teilnehmen kann. 

 

* Eine etwas andere Work-Life-Balance

Wer projektbezogen arbeiten kann, kann sich die Arbeitszeit selber einteilen und kann so Arbeits- und Privatleben flexibler gestalten. Das führt - das haben Studien inzwischen zigmal gezeigt - zu mehr Zufriedenheit.

 

* Wissen ist Macht

Projektbasiertes Arbeiten liegt im Trend. Sie berücksichtigt vor allem die Interessen der jüngeren Arbeitnehmer, die sich permanent weiterentwickeln möchten, aber nicht rund um die Uhr im Büro sein wollen. Ihr Wunsch nach Sicherheit ist aufgrund ihrer Erfahrung der unsicheren Joblage während einer Pandemie auf das Bewusstsein geprägt, dass ihnen kein Arbeitgeber eine Beschäftigungssicherheit bieten kann. Deshalb setzen sie auf  Sicherheit durch permanente Weiterbildung. Dann wie wir wissen ist Wissen nicht nur Macht, sondern vor allem Kapital.

 

Üben, üben, üben

Lösungsorientiertes Lernen kann man übrigens schon im Kindesalter üben. Natürlich dürfen die Eltern den Kindern nicht alles abnehmen, sondern die Kinder in ihrem Tempo selber ausprobieren lassen. Trial and Error, lernen, scheitern, nocheinmal probieren. Das gilt für jede Ausbildungsstufe. Wir alle stehen stets vor Herausforderungen im Leben, also müssen wir üben, den Lösungsfindungsprozess intensiv zu trainieren. Dann werden wir die Zukunft meistern, egal, welche globalen Herausforderungen uns erwarten.