BLOG: 15.09.2022

Energieeffiziente Roboter

Energie sparen

Mithilfe von KI Prozesse zu optimieren, macht für Unternehmen schon in normalen Zeiten Sinn. In der derzeitigen Energiekrise ist künstliche Intelligenz aber besonders gefragt, wenn es darum geht, Energiekosten zu verringern.

Energiekrise. Ein Wort, in dem der Sound der 70er Jahre mitschwingt. Plötzlich war Öl und Sprit so teuer, dass in den USA die Straßenkreuzer verschwanden. Deren deutsche Kopien ebenfalls. Diplomat Admiral und Kapitän hatten ausgedient - die Autos wurden kleiner und energieeffizienter. Ist es heute wieder soweit? Wir sollen mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen, dafür weniger duschen und heizen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Debatte um Energiewende, Versorgungssicherheit und künftige Energieträger verschärft. Die Parallelen zur Ölkrise der 70er sind beängstigend: Rekordinflation, explodierende Energiepreise, Angst. Die Bundesregierung versucht, dem gegenzusteuern. Die Gasumlage ist erstmal vom Tisch, jetzt soll ein Gaspreisdeckel Unternehmen und private Haushalte vor Schock-Preisen schützen. Obwohl sich die Gasspeicher derzeit über Plan füllen, bleibt die Angst vor einem kalten Winter. Verhaltenstipps machen die Runde, Thermokleidung und Heizlüfter finden reißenden Absatz.

 

Einsparpotenziale beim Energieverbrauch

Die gute Nachricht: technologisch sind wir heute wesentlich weiter als in den 70er Jahren. Immer mehr Unternehmen in Deutschland setzen laut einer VDI-Studie künstliche Intelligenz (KI) in der Produktentwicklung und Produktion ein. 42 Prozent der befragten Unternehmen nutzen KI bereits in der eigenen Produktion, und das unabhängig von der Betriebsgröße. Die größten Einsparpotenziale sehen diese Unternehmen beim Material- und Energieverbrauch. Das war nicht nur eine Lehre aus der Corona-Krise mit ihren Auswirkungen auf Lieferketten und Versorgung, sondern besonders aus der derzeitigen Energiekrise. Dennoch stehen viele Unternehmen beim Einsatz von KI noch am Anfang.

 

Daten müssen nutzbar gemacht werden

Um KI im Unternehmen einzuführen, fehlt vielen Unternehmen das Know-how. Zudem schätzen viele den Implementierungsaufwand als zu hoch an. Bedenken bestehen bei der Datensicherheit und -verfügbarkeit. Dabei kann sich eine Auswertung von Daten lohnen. Der Chemiekonzern Covestro etwa hat Daten seiner Anlagen auswerten lassen, konnte so Energiesparpotenziale identifizieren und CO₂ reduzieren. Mithilfe von KI-Software Prozesse zu optimieren, macht schon in normalen Zeiten Sinn. In der Energiekrise wird es für viele Unternehmen zur Notwendigkeit. Das Problem ist aber oft, die gewonnenen Daten auch nutzbar zu machen. Die von Maschinen und Produktionsanlagen erzeugten Daten liegen selten in einem standardisierten Format vor. Es gibt überall Insellösungen, und viele Maschinen besitzen überhaupt keine Sensoren. Sie müssen, Stichwort Retrofit, nachgerüstet werden. So komplex die Anlagen auch sind - von Sensoren generierte Daten bilden immer die Basis einer Optimierung. So enthält ein Windrad etwa 1000 davon.

 

Der digitale Zwilling

Die Daten ermöglichen die Schaffung eines digitalen Abbilds, etwa einer Produktionsanlage. Dieser „Digital Twin“ zeigt nicht nur den aktuellen, sondern auch den historischen Stromverbrauch der Anlage und ermöglicht es, Wartungszeiten und Energieverbrauch zu optimieren. Unternehmen setzen zunehmend auf Energiedienstleister, um ihre Heizungsanlagen zu optimieren. Diese speisen alle Daten ein und erkennen, wenn eine Anlage ineffizient arbeitet. Voraussetzung ist eine geschützte Verbindung via Internet. Kein Zweifel - eine beschleunigte Digitalisierung und der Einsatz von KI werden mächtige Instrumente zum Energiesparen.

 

Energiebedarf für Klimaanlagen soll sich bis 2050 verdreifachen

Die Energiewende trägt dazu bei. Der Ausbau der erneuerbaren Energien spielt bei der Drosselung des Energieverbrauchs bei Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen eine entscheidende Rolle. Der Klimawandel facht den Energiehunger noch an. Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur wird sich der weltweite Energiebedarf für Klimaanlagen bis 2050 verdreifachen. Mit Digitalisierung und KI steuern Unternehmen dagegen. Fabriken benötigen viel Energie, um Produkte des täglichen Bedarfs herzustellen. Größere Fabriken brauchen stundenweise soviel Energie wie ein Durchschnittshaushalt in einem ganzen Monat. Dazu trägt auch der vermehrte Einsatz von Robotern bei. Umso wichtiger erscheint es, das die Roboter elektrische Energie effizient nutzen. Sie werden in der Industrie eingesetzt, um etwa schwere Fahrzeugteile zu heben.

 

Maschinen sollen miteinander kooperieren

Hier lässt sich die Geschwindigkeit der Prozesse herunterfahren, um Energie zu sparen. Wichtiger wird dabei die Maschine zu Maschine-Kommunikation, die derzeit im Zentrum der Entwicklung steht. Die Vorstellung ist, dass Maschinen miteinander kooperieren, um den Energieverbrauch zu mindern und Verbrauchsspitzen glätten. Wenn die Maschinen darüber hinaus erkennen, wie sich die von ihnen und den anderen Maschinen bereitgestellten Energiemengen ändern, können sie entsprechend reagieren und den optimalen, energieeffizientesten Modus wählen.

 

Energiebedarf des Roboters wird zum Kaufkriterium

Mit über 130.000 installierten Einheiten sind Industrierobotersysteme ein Hauptelement automatisierter Fertigung. Ihr Anteil am Energiebedarf in produzierenden Unternehmen steigt dementsprechend. Deshalb kann ein energieeffizienter Einsatz von Robotersystemen helfen, deren benötigte Energie zu senken und so zur Kostensenkung und einem nachhaltigeren Einsatz von Ressourcen beizutragen. Beim Erwerb eines Industrieroboters sind heute nicht mehr nur klassische Faktoren wie die minimal erreichbare Taktzeit und die Anschaffungskosten Kaufkriterien, sondern auch der Leistungs- und Energiebedarf des Roboters sowie die laufenden Kosten über dessen gesamte Lebensdauer. Wenn die Energieeffizienz in der Robotik eine größere Rolle spielen soll, muss die Planung also schon im Vorfeld verbessert werden. So erlauben Software-Baukästen im Planungsstadium eine Messung der Energieeffizienz von Roboteranwendungen.

 

Kosteneffiziente Energieversorgung

Ein solcher Software-Baukasten wurde am Fraunhofer IPA im Rahmen eines Forschungsprojekts zum Monitoring, Simulation und Optimierung von Roboteranwendungen bereits erfolgreich getestet. Ein weiteres Forschungsprojekt soll einen allgemeinen Standard für Energieverbrauchsmodelle für Industrieroboter hervorbringen. KI steht für die Chance, die Komplexität einer dezentralen und integrierten Energiewende technologisch zu steuern. KI-Algorithmen werden in der Zukunft mit Sicherheit ihren Beitrag für eine sichere, klimafreundliche und kosteneffiziente Energieversorgung leisten. Privathaushalte, die über eigene Erzeugungsanlagen und Speicher verfügen, sparen durch KI Energie und können sogar eigenen (Solar-) Strom vermarkten. Voraussetzung dafür ist die Analyse von Erzeugungs- und Verbrauchsdaten.